Arthrose ist die häufigste Erkrankung des Bewegungsapparates und gilt als eine Hauptursache für Morbidität und Funktionsverlust des Bewegungsapparates. Die fortschreitende Degeneration des Gelenkknorpels ist bei der Pathogenese von Arthrose ein Grundproblem (sowie bei Arthritis und anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen). Dieser Umstand führt zu einem Verlust der Gelenkfunktion, oft begleitet von den bekannten Arthrose-Schmerzen. Bei der Arthrose ohne erkennbare/nachweisbare Ursache (die sogenannte idiopathische Arthrose) handelt es sich um einen Prozess, der sich über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren erstrecken kann, nicht selten bis zur Notwendigkeit eines Gelenkersatzes als letztes Mittel zur Behandlung der Erkrankung.
Die Wirkung von Kollagen als Behandlungsmöglichkeit von Arthrose wird indessen kontrovers diskutiert. Während Forscher die Wirksamkeit einer Kollagenergänzung zur Verbesserung der Arthrose-Symptome inzwischen in verschiedenen Studien und Metaanalysen nachgewiesen haben. Allerdings sei hinsichtlich der Wirksamkeit einiges zu beachten. Wichtig sei es beispielsweise Kollagenpeptide mit niedrigem Molekulargewicht zu verwenden, welche sich für bestimmte Anwendungsgebiete, wie die Behandlung von Arthrose und Osteoporose, als wirksam erwiesen haben. Bekannterweise fördern hydrolysierte Kollagenpeptide, die reich an Prolin und Hydroxyprolin sind, die Synthese von Hyaluronsäure aus den Synovialzellen. Bei der Verdauung wird Kollagen hauptsächlich in einzelne Aminosäuren und Dipeptide zerlegt. Danach gelangen diese Aminosäuren und Dipeptide in den Blutkreislauf und reichern sich im Gelenkknorpel an. Anschließend stimulieren sie die Biosynthese der extrazellulären Knorpelmatrix, indem sie die Kollagen- und Proteoglycanproduktion vom Typ II erhöhen.[1] [2] Es folgen einige wissenschaftliche Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Kollagen bei Arthrose-Symptomen.
Studien zur Wirkung von Kollagen bei Arthrose Gelenkschmerzen
Bereits im Jahr 2002 veröffentlichten Poole et al. einen wissenschaftlichen Bericht zum Abbau von Kollagen Typ II und dessen Regulationsfunktion im Gelenkknorpel. Dabei erläutern die Forscher den Alterungsprozess des Gelenkknorpels in Verbindung mit der Entwicklung von Arthrose. Zunächst erreicht der Gelenkknorpel im Alter von etwa 30 Jahren einen Höhepunkt in Bezug auf seine Zugeigenschaften. Danach verschlechtern sich die Zugeigenschaften zunehmend in den Gelenken, wie Knien und Hüften. Das Altern hingegen modifiziert die Kollagenfibrillen mit der Akkumulation von nichtenzymatischen Glykationsendprodukten, die die Steifheit des Kollagennetzwerks erhöhen. Mit zunehmendem Alter sehe man anschließend, bei einer fortschreitenden Arthrose, Hinweise auf Kollagenschäden. Poole et al. schlussfolgerten aus ihren Erkenntnissen, dass neue therapeutische Ziele zur krankheitsmodifizierenden Behandlung von Arthrose identifiziert wurden. Zudem sei die Bewertung der Krankheitsaktivität und des Krankheitsverlaufs bei Arthrose-Patienten jetzt in vivo (am lebenden Objekt) besser möglich, als noch vor einigen Jahren.[3]
Im Jahr 2006 wurde eine Meta-Analyse von Bello und Oesser veröffentlicht, in der Kollagenhydrolysat zur Behandlung von Arthrose und anderen Gelenkerkrankungen untersucht wurde. Gemäß der bis 2006 veröffentlichten Forschungsergebnisse zu dieser Thematik wird oral verabreichtes Kollagenhydrolysat vom Körper intestinal absorbiert und sammelt sich anschließend im Knorpelgewebe an. Zudem stimuliert die Aufnahme von Kollagenhydrolysat einen Anstieg der extrazellulären Matrixmakromolekülen durch Chondrozyten. Diese Erkenntnisse legen wiederum Mechanismen nahe, die bei Gelenkerkrankungen wie Arthrose, für Patienten nützlich sein können. Darüber hinaus konnte belegt werden, dass Kollagenhydrolysat sicher sei und bei einigen Patienten mit Arthrose zu einer Verbesserung der Schmerz- und Funktionsmessungen führte. Insgesamt seien, laut Bello und Oesser allerdings weitere Studien notwendig, um die klinische Wirkung von Kollagenhydrolysat bei Arthrose-Patienten genauer bestimmen zu können und einschätzen zu können, für welche Arthrose-Patienten eine Behandlung mit Kollagenhydrolysat am besten geeignet ist.[4]
Eine Studienarbeit von Jiang et al. zeigte im Jahr 2014, im Rahmen einer 6-monatigen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Studie, dass oral eingenommene Kollagenpeptide (Peptan®) die Knie-Arthrose bei älteren Frauen verbesserten. Dabei konnte eine signifikante Reduktion der Gelenkschmerzen, eine verbesserte Mobilität sowie eine bessere körperliche Verfassung nach den Bewertungssystemen WOMAC-Score und Lysholm-Score festgestellt werden. Insgesamt kamen Jiang et al. zu dem Ergebnis, dass Kollagenpeptide ein hochwirksames Nutrazeutikum zur Verbesserung der Gelenkgesundheit seien, die dazu beitragen können während des Alterns einen aktiven Lebensstil beizubehalten.[5]
Oesser et al. veröffentlichten im Jahr 2016 eine Forschungsarbeit zur Wirksamkeit spezifischer bioaktiver Kollagenpeptide bei der Behandlung von Gelenkschmerzen. Ziel ihrer Forschungsarbeit war es allerdings nachzuweisen, dass bioaktive Kollagenpeptide in einem sekundärpräventiven Ansatz wirksam sind. Anzumerken sei daher, dass es bei der Sekundärprävention um die Früherkennung bzw. die Verhinderung des Fortschreitens einer Erkrankung geht. Um die Wirksamkeit der bioaktiven Kollagenpeptid-Aufnahme bei aktivitätsbedingten Gelenkschmerzen oder funktionellen Gelenkschmerzen bewerten zu können führten Oesser et al. daher zwei Studien mit Probanden durch, bei denen keine Gelenkerkrankungen diagnostiziert wurden. Teilnehmer der beiden Studien waren zum einen Athleten (Athletenstudie, Teilnehmer mit aktivitätsbedingten Knieschmerzen) und zum anderen Probanden mit funktionellen Kniegelenksschmerzen und Hüftgelenksschmerzen. Zum Schluss konnten Oesser et al. nachweisen, dass die Probanden in beiden Studien von der Wirksamkeit der täglichen Einnahme von 5g spezifischer bioaktiver Kollagenpeptide bei der Schmerzreduktion deutlich profitierten. Zudem legten die Daten nahe, dass eine längere Behandlung mit bioaktiven Kollagenpeptiden bei Personen wirksam sei, die ihre Gelenke belasten oder ein bestimmtes Risiko aufweisen in absehbarer Zukunft eine degenerative Gelenkerkrankung zu entwickeln, wie z.B. Arthrose. Eine Supplementierung von bioaktiven Kollagenpeptiden könnten daher laut Oesser et al. eine interessante Möglichkeit bei der Sekundärprävention zur Behandlung von funktionellen Gelenkschmerzen sein.[6]
Eine von García-Coronado et al. im Jahr 2019 veröffentlichte Metaanalyse, über die Wirkung einer Kollagen-Supplementation auf Arthrose-Symptome zeigte, dass eine Kollagenbehandlung signifikant bessere Ergebnisse bei den WOMAC-Scores lieferte, inklusive einer signifikanten Reduktion des Steifigkeits-Subscores. Allerdings konnten García-Coronado et al. keine signifikanten Verbesserungen hinsichtlich der Schmerzen und funktionellen Einschränkungen feststellen. Ferner wurde aber von García-Coronado et al. eine signifikante Verringerung des VAS-Scores (Visuelle Analogskala, Skala zur Messung von subjektiven Einstellungen), nach der Kollagenbehandlung, festgestellt. Insgesamt kamen die Forscher zu dem Fazit, dass eine Kollagen-Supplementation die Arthrose-Symptome durch die Abnahme des gesamten WOMAC-Index sowie des VAS-Scores wirksam verbessert.[7]
Lian et al. veröffentlichen im Jahr 2019 eine Studienarbeit, bei der nachgewiesen werden konnte, dass Kollagen Typ II (COL2A1) die Hypertrophie der artikulären Chondrozyten und das Fortschreiten der Arthrose unterdrückt, indem es die β1-SMAD1-Interaktion des Integrins fördert. Bei Kollagen Typ II handelt es sich zudem um ein extrazelluläres Signalmolekül, welches die Chondrozyten-Hypertrophie signifikant unterdrücken kann. Die Mechanismen dahinter, wodurch Kollagen Typ II die hypertrophe Differenzierung reguliert sind hingegen bisher unklar. Darüber hinaus konnten Lian et al. aber nachweisen, dass der Verlust von Kollagen Typ II die Hypertrophie der Chondrozyten über den BMP/Smad1-Signalweg beschleunigt. Insgesamt zeigte die Studie von Lian et al. neue Mechanismen für die Hemmung der Chondrozyten-Hypertrophie durch Kollagen Typ II. Die Ergebnisse legen außerdem nahe, dass der Abbau und die Abnahme von Kollagen Typ II das Fortschreiten einer Arthrose-Erkrankung initiieren und fördern könnte.[8]
Honvo et al. folgerten im Rahmen einer Meta-Studie aus dem Jahr 2020, dass das Kollagen gemäß aktuellen Erkenntnissen ein gewisses Potenzial zur Behandlung von Arthrose-Erkrankungen aufweist, es aber noch einen Bedarf an weiteren klinischen Studien sowie einer Klärung des Wirkungsmechanismus von Kollagenderivaten gibt, bevor endgültige Schlüsse gezogen werden können.[9]