Bei dem Bedarf an Cholin gibt es erhebliche individuelle Unterschiede. Diese Unterschiede werden in der Wissenschaft auf die häufige genetische Vielgestaltigkeit (genetische Polymorphismen) zurückgeführt. Als essenzieller Nährstoff wurde Cholin im Jahr 1998 durch das US-amerikanische Institute of Medicine (IOM) offiziell anerkannt, aufgrund seiner wesentlichen Bedeutung für den Körper und die Gesundheit.
Das Deutsche Grüne Kreuz e. V. (DGK) äußert sich übereinstimmend dazu, dass Cholin im eigentlichen Sinne kein Vitamin ist. Es aber ein essenzieller Nährstoff ist, der vom Menschen zwar in kleinen Mengen synthetisiert werden kann, aber hauptsächlich mit der Nahrung aufgenommen werden muss. Damit der Körper die für seine Gesundheit notwendige Menge an Cholin erhält.
Parallel dazu sei erwähnt, dass Cholin bei adäquater Versorgung des Körpers mit den Aminosäuren, besonders Lysin und Methionin, in ausreichender Menge vom Körper gebildet werden. Es spielt im menschlichen Stoffwechsel allerdings eine weitreichende Rolle, von der Zellstruktur bis zur Neurotransmittersynthese. Dementsprechend wird angenommen, dass ein Cholinmangel Auswirkungen auf viele Erkrankungen hat, wie unter anderem Lebererkrankungen, Atherosklerose oder neurologische Störungen. Bei gesunden Menschen wird der Cholin-Status allerdings routinemäßig nicht gemessen.
Dementsprechend sei es empfehlenswert eine Ernährungsberatung zu entwickeln, die diesem Bedarf an Cholin gerecht wird, ein Bewusstsein dafür schafft und letztendlich in der Bevölkerung die Aufnahme von Cholin bzw. cholinreichen Lebensmitteln fördert.1 2 3 4 5 6 7 8
Cholin-Bedarf in Abhängigkeit vom Alter und und der Lebensphase
Im Jahr 1998 veröffentlichte das Institute of Medicine des Food and Nutrition Boards (FNB) die nachfolgenden Empfehlungen für eine angemessene tägliche Aufnahme von Cholin. Diese Empfehlungen orientieren sich an den jeweiligen Altersabschnitt und das jeweilige Geschlecht.[84]
Empfohlene Aufnahmemengen an Cholin des Food and Nutrition Board (FNB) of the Institute of Medicine in den jeweiligen Lebensabschnitten (in mg pro Tag). |
Lebensabschnitt |
Alter |
männlich |
weiblich |
Säuglinge |
|
0 – 6 Monate |
125 |
125 |
|
7 – 12 Monate |
150 |
150 |
Kinder |
|
1 – 3 Jahre |
200 |
200 |
|
4 – 8 Jahre |
250 |
250 |
|
9 – 13 Jahre |
375 |
375 |
Jugendliche |
|
14 – 18 Jahre |
550 |
400 |
Erwachsene |
|
19 Jahre und älter |
550 |
425 |
Schwangere |
|
alle Altersstufen |
– |
450 |
Stillende |
|
alle Altersstufen |
– |
550 |
Quelle: In Anlehnung an Food and Nutrition Board, Institute of Medicine (1998). Dietary reference intakes: thiamin, riboflavin, niacin, vitamin B-6, vitamin B-12, pantothenic acid, biotin, and choline. National Academy Press: 390-422.
Einflussfaktoren auf den Cholin-Bedarf
Um einen Cholinmangel zu vermeiden ist es bedeutend den alltäglichen Bedarf an Cholin zu decken. Dieser wird wiederum durch verschiedene Faktoren beeinflusst. Als, die den Cholin-Bedarf beeinflussenden Faktoren stellten Sanders und Zeisel im Jahr 2007 die nachfolgenden Einflüsse fest.
Geschlecht und Lebensabschnitt:
Erhöhter Cholinbedarf, da Männer und postmenopausale Frauen häufiger Organfunktionsstörungen aufgrund eines Cholinmangels entwickeln.
Schwangerschaft:
Ebenfalls erhöhter Cholinbedarf, da Cholin während der Schwangerschaft wichtig ist für die Gehirnentwicklung des Fötus und die Erhaltung der Homocystein-Konzentrationen. Durch den Nährstoff-Transport von der Mutter zum Fötus kann zudem der mütterliche Plasma-Cholin-Spiegel erschöpft werden. Zudem haben die Plazenta und das Fruchtwasser einen hohen Cholingehalt (vermutlich zur Sicherstellung der Cholinversorgung des Fötus). Des Weiteren fanden Forscher heraus, dass niedrige Cholinwerte während der Schwangerschaft mit einer erhöhten Inzidenz von Neuralrohrdefekten in Verbindung stehen.
Stillzeit:
Die Muttermilch hat eine hohe Konzentration an Cholin, auch während der Stillzeit besteht ein erhöhter Cholinbedarf.
Klinischer Gesundheitszustand:
Bei einer parenteralen Ernährung ist der Cholinbedarf beispielsweise erhöht. Bis zu 84% der Patienten mit parenteraler Ernährung entwickeln laut Experten einen Cholinmangel, eine Fettleber sowie Leberschäden. Durch eine Cholinergänzung hingegen kann eine Fettleber bei vielen Patienten mit parenteraler Ernährung behandelt werden.
Versorgungszustand mit den Nährstoffen Folat, Vitamin B12 und Methionin:
Die Verstoffwechselung der Nährstoffe Cholin, Folat, Vitamin B12 und Methionin stehen in gegenseitiger Wechselbeziehung miteinander. Kommt es zu einer Unterversorgung oder Störungen bei der Verstoffwechselung des einen Nährstoffes, so setzen kompensatorische Veränderungen bei den anderen Nährstoffen ein. Beispielsweise führt ein Folatmangel zu einen erhöhten Bedarf an Cholin. Wird dieser erhöhte Cholinbedarf nicht ausreichend gedeckt, führt dies wiederum zu einem Cholinmangel.
Veranlagung (Gen Polymorphismen):
Durch die individuell unterschiedliche Veranlagung entwickeln bei einer cholinarmen Ernährung lediglich ca. 68% der Personen die für einen Cholinmangel charakteristischen Anzeichen von Organfunktionsstörungen. Dies bedeutet aber auch, dass die Veranlagung (individuellen Genpolymorphismen) das Risiko für einen Cholinmangel bei einigen Individuen erhöht. Demzufolge der Cholinbedarf bei einigen Personen auch höher als bei anderen Personen sein kann.[9]